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George Hinge

 

Herodots Darstellung der Skythen

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Die Skythen, ein nomadisches Reitervolk iranischen Ursprungs, beherrschten im Altertum die osteuropäischen Steppen. Für die Griechen, die die Ufer des Schwarzen Meeres kolonisierten, war der Skythe der Sinnbild des primitiven, nordischen Barbaren: er war zugleich der edle Wilde und eine Bedrohung für die urbanisierte Zivilisation.

Im Rahmen des Schwarz­meer­zentrums der dänischen Grundforschungs­stiftung be­schäftigte ich mich 2002-2004 mit der Auseinander­setzung von Konstruktion und Wirklich­keit in der skythischen Ethno­graphie mit dem Ausgangs­punkt in Herodots 4. Buch. Ich versuchte zu beschreiben, wie die skythische und die grie­chische Ethnizität aufgrund einer ideologischen Dicho­tomie konstruiert sind, und auf welche Weise diese Konstruktion sich zur Wirklichkeit bezieht und sie beeinflusst. Darüber hinaus untersuchte ich, was im Skythenbegriff mit einbezogen ist und auf welcher Grundlage.

Die Skythen spielen in der griechischen Literatur (von Aristeas, 7. Jh. v.Chr. bis zu Dion von Prusa, ca. 100 n.Chr.) und Naturwissenschaft (u.a. in der hippokratischen Schrift Über Winde, Wasser und Gegende) eine bedeutende Rolle. Die wichtigste literarische Quelle zur skythischen Kultur ist aber Herodots 4. Buch. Ich untersuchte, wie die Skythen im herodoteischen Geschichtswerk nicht nur als der typische Gegensatz zur griechischen Zivilisation dargestellt wird, sondern auch zur Konstruktion der griechischen Identität beiträgt.

Manche Elemente des herodoteischen Skythenbildes kehren in den späteren ethnographischen Darstellungen von Kelten und Germanen wieder. Im Falle der Germanen sowohl als der Skythen hat diese Tatsache zu einem Widerwurf der Echtheit des Bildes geführt. Hartog, ein vornehmer Vertreter der sogenannten ”Liar School”, verficht die Ansicht, dass Herodots Skythenbild sich als eine kohärente Erzählung analysieren lässt und somit nicht als Geschichte betrachtet werden darf (obschon Hartog so besonnen ist, zuzugestehen dass diese Schlussfolgerung außer des Rahmens seiner Untersuchung liegt). Dies ist jedoch eine immer drohende Falle des konstruktivistischen Zuganges: paradoxerweise zugleich den Begriff der Konstruktion überzuschätzen und die Essentialität und Kontinuität der kulturellen Konstrukte unterzuschätzen. Germanisch verschwindet nicht einfach als eine sprachwissenschaftliche Kathegorie, nur weil die Idee der germanischen Ethnizität ein Produkt der Begegnung germanischer und römischer Kultur ist. Die skythische Königsgräber verschwinden auch nicht, weil sie in Herodots Skythenlogos narratologisch integriert sind.

Eine andere Frage ist, mit welchen Parametern die betreffende Ethnizität von den antiken Autoren überhaupt identifiziert werden. Herodot und andere Quellen reden zwar von einem skythischen Volk, aber wir haben es wahrscheinlich nicht mit einem Volk im modernen Sinn des Wortes zu tun, sondern eher mit heterogenen Stämmen. Ich untersuchte habe deswegen auch, welche Rolle die Sprache für Herodots Völkerbegriff spielte.

Das Projekt hat zu folgenden Aufsätzen geführt: